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Richtlinie
der Evangelischen Kirche in Deutschland
über die Verwaltung des kirchlichen Grundbesitzes

in der Fassung vom 11. Oktober 1985

(ABl. EKD 1984 S. 430)

Gemäß Artikel 9 der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 13. Juli 1948 (ABl. EKD S. 233), zuletzt geändert durch Kirchengesetz vom 14. Dezember 1984 (ABl. EKD 1985 S. 1) werden nachstehende Richtlinien erlassen:
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§ 1
Gegenstand der Richtlinien

Diese Richtlinien gelten für den unbebauten kirchlichen Grundbesitz, insbesondere soweit er landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt wird, ferner für kirchlichen Grundbesitz, an dem Erbbaurechte bestehen.
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§ 2
Bedeutung und Bindung des Grundbesitzes

( 1 ) Der kirchliche Grundbesitz ist wesentlicher Bestandteil des kirchlichen Vermögens und dient langfristig der Erfüllung kirchlicher Aufgaben.
( 2 ) Der Grundbesitz kann verschiedenen kirchlichen Rechtsträgern mit unterschiedlicher Zweckbestimmung gehören oder unter einem Eigentümer als Sondervermögen verschiedenen Zwecken dienen (z. B. Pfarre, Kirche, Küsterei, Friedhof). Die Zweckbindung darf grundsätzlich nicht geändert werden.
( 3 ) Es ist Aufgabe der kirchlichen Grundstücksverwaltung, das Grundstücksvermögen ungeschmälert zu erhalten und einen angemessenen Ertrag zu erwirtschaften.
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§ 3
Nachweis

( 1 ) Alle Grundstücke und grundstücksgleichen Rechte kirchlicher Rechtsträger müssen auf den Namen des Berechtigten im Grundbuch eingetragen sein. Gleiches gilt für Mieteigentumsanteile sowie für dingliche Rechte kirchlicher Rechtsträger an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten Dritter. Subjektiv-dingliche Rechte kirchlicher Rechtsträger (z. B. Grunddienstbarkeiten) sollten auch im Bestandsverzeichnis des Grundstücks des kirchlichen Berechtigten vermerkt werden.
( 2 ) Die in Abs. 1 genannten Grundstücke und Rechte sind außerdem in einer kirchlichen Grundbesitznachweisung (Lagerbuch, kirchliches Grundbuch usw.) mit ihren wesentlichen Merkmalen einschließlich ihrer Zweckbestimmung zu verzeichnen. Die Grundbesitznachweisung ist auf dem Laufenden zu halten.
( 3 ) Die Grundbesitznachweisung und die erforderlichen Unterlagen (Grundbuchauszüge, grundbuchamtliche Benachrichtigungsschreiben, Katasterauszüge, katasteramtliche Handzeichnungen bzw. Pläne, Flurkarten, Kaufverträge usw.) müssen geordnet und sicher aufbewahrt werden. Eine weitere Grundbesitznachweisung einschließlich aller wesentlichen Unterlagen in Zweitschriften oder beglaubigten Abschriften oder Ablichtungen sollte bei den kirchlichen Verwaltungsstellen oder den kirchlichen Aufsichtsbehörden aufbewahrt werden.
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§ 4
Grundbesitzpfleger

Die kirchlichen Rechtsträger sollten sich unbeschadet ihrer allgemeinen eigenen Verantwortlichkeit in Fragen der Verwaltung des kirchlichen Grundbesitzes sachkundiger Gemeindeglieder bedienen.
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§ 5
Veräußerung

Der kirchliche Grundbesitz ist nach Herkommen und Widmung grundsätzlich unveräußerlich. Ausnahmen sind nur gerechtfertigt, wenn Bauleitpläne, Planfeststellungsbeschlüsse oder andere zwingende Gründe es erfordern. Die kirchlichen Interessen müssen bei einer Veräußerung durch Erwerb geeigneten Ersatzlandes oder durch eine andere wertbeständige Anlage des Veräußerungserlöses gewahrt werden. Die Ersatzanlage ist in der Regel in vollem Umfang der seitherigen Zweckbindung des Vermögens zuzuführen.
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§ 6
Erwerb

Ein Zuerwerb von Grundbesitz wird grundsätzlich empfohlen; denn vielfach müssen kirchliche Grundstücke abgegeben werden, ohne dass zur gleichen Zeit geeignetes Ersatzland zur Verfügung steht.
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§ 7
Bewirtschaftung

( 1 ) Der Grundbesitz ist so zu bewirtschaften, dass seine Zweckbestimmung erfüllt und er auf Dauer bestmöglich genutzt wird. Die Nutzung erfolgt mittels Eigenbewirtschaftung, durch Verpachtung, Vermietung oder durch Vergabe von Erbbaurechten.
( 2 ) Die Ländereien sind in gutem Kulturzustand zu erhalten. Bei der Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke ist dem Umweltschutz Rechnung zu tragen, insbesondere ist auf Bodengesundheit und Gewässerschutz zu achten. Dünge- und chemische Pflanzenbehandlungsmittel dürfen nur in umweltverträglichem Umfange verwendet werden.
( 3 ) Sind Grundstücke nur ungenügend nutzbar, sollte geprüft werden, ob über Sondernutzungen, wie Neuanlage von Teichen, Aufforstung usw. Verbesserungen zu erzielen sind, oder ob ein Nutzungsvertrag z. B. mit Gebietskörperschaften oder Naturschutzverbänden zur Erhaltung von Tier- und Pflanzenarten abgeschlossen werden kann.
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§ 8
Begehung

( 1 ) Der Grundbesitz ist zur Feststellung des Bestandes und zur Überprüfung der Bewirtschaftung und Nutzung in regelmäßigen Abständen zu begehen. Landwirtschaftlicher Grundbesitz sollte zusätzlich rechtzeitig vor Ablauf einer Pachtperiode begangen werden. Bei der Begehung ist darauf zu achten, dass die Grundstücksgrenzen erkennbar und unverändert sind und dass die Ufer der Gewässer ordnungsgemäß unterhalten werden. Verloren gegangene Grenzzeichen sind zu ersetzen.
( 2 ) Über jede Begehung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die von den an der Begehung beteiligten Personen zu unterzeichnen ist. Eine Abschrift soll der kirchlichen Verwaltungsstelle zugeleitet werden.
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§ 9
Flurbereinigung

( 1 ) Flurbereinigungsverfahren liegen in der Regel im Interesse des kirchlichen Eigentümers und sind grundsätzlich zu fördern. Der kirchliche Grundbesitz soll im Zuge des Verfahrens zu möglichst großen und langfristig verpachtbaren Flächen zusammengelegt werden. Auf eine wertgleiche Landabfindung ist zu achten.
( 2 ) Wegen der erheblichen Auswirkungen der Flurbereinigung auf den kirchlichen Grundbesitz ist es geboten, dass die kirchliche Aufsichtsbehörde rechtzeitig über die Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens unterrichtet wird.
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§ 10
Bauleitplanung

( 1 ) Wird ein Bauleitplan aufgestellt, so haben die kirchlichen Rechtsträger, insbesondere soweit sie als Träger öffentlicher Belange am Verfahren beteiligt sind, zu klären, inwieweit Grundstücke (kirchliche oder andere Grundstücke) als Vorbehaltsflächen für Gottesdienst, Seelsorge und sonstigen kirchlichen Gemeinbedarf einschließlich kirchlicher Friedhöfe auszuweisen sind. Ferner haben sie zu prüfen, ob gegen die sonstige Ausweisung kirchlicher Grundstücke Bedenken bestehen.
( 2 ) Die Einbeziehung kirchlichen Grundbesitzes in einen Bauleitplan löst erhebliche rechtliche und finanzielle Folgen aus; deshalb sollte die kirchliche Aufsichtsbehörde baldmöglichst von der Einleitung des Verfahrens unterrichtet werden. Die Planunterlagen sind beizufügen.
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§ 11
Erbbaurecht

( 1 ) Sofern kirchliche Grundstücke zur Bebauung anstehen, können, falls gleichwertige Ersatzgrundstücke oder wertbeständige Ersatzanlagen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 3 nicht zu beschaffen sind oder diese Anlageformen zu ungünstigeren Ergebnissen führen würden, zugunsten von Bauwilligen Erbbaurechte bestellt werden. Der kirchliche Erbbaurechtsausgeber bleibt dadurch Eigentümer und bezieht eine verdinglichte laufende Rente aus dem Grundstück. Er hat aber auch Rechte und Pflichten zu übernehmen, die Verwaltungsaufwand erfordern.
( 2 ) Im Interesse einer gleich bleibenden Rendite ist eine Gleitklausel oder ein Leistungsvorbehalt bezüglich der Höhe des Erbbauzinses zu vereinbaren. Die Erbbauzinsen sind regelmäßig anzupassen.
( 3 ) Bei der Vertragsgestaltung sollte innerhalb der Gliedkirche ein einheitliches Vertragsmuster verwandt werden. Es wird empfohlen, die kirchliche Aufsichtsbehörde vor Abschluss eines Vertrages einzuschalten.
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§ 12
Verpachtung

( 1 ) Bei der Verpachtung sind kirchliche, soziale, wirtschaftliche und ökologische Gesichtspunkte zu beachten. Als Pachtbewerber sind in erster Linie Kirchenmitglieder zu berücksichtigen. Die bisherigen Pächter behalten Vorrang, wenn sie die Grundstücke zur Aufrechterhaltung ihres Betriebes benötigen und bereit sind, den ortsüblichen Pachtzins zu entrichten.
( 2 ) Auf die Festsetzung eines angemessenen und gesicherten, an den ortsüblichen Preisen orientierten Pachtzinses ist zu achten. Eine öffentliche meistbietende Verpachtung sollte nur dann erwogen werden, wenn sie aus kirchengemeindlichen Gründen vertretbar ist.
( 3 ) Bei der Verpachtung sollte innerhalb der Gliedkirche ein einheitliches Vertragsmuster verwandt werden.
( 4 ) Die Bereitstellung von Land für die Anlage von Kleingärten sollte nur vorgesehen werden, wenn nach der Bauleitplanung eine Inanspruchnahme der Fläche für bauliche Zwecke in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Bei nur vorübergehendem Bedarf wird die Vergabe als Grabe- oder Gartenland empfohlen. Bei sonstigen längerfristigen Sondernutzungen (z. B. Sport-, Camping-, Lagerplatz usw.) sollte die kirchliche Aufsichtsbehörde vor Vertragsabschluss beteiligt werden.
( 5 ) Die Kirche legt Wert darauf, dass die Vorschriften zum Schutz der Sonn- und Feiertage eingehalten werden.
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§ 13
Wald

( 1 ) Die Nutzung des Kirchenwaldes erfolgt in der Regel in Eigenwirtschaft.
( 2 ) Kirchenwald gilt als Privatwald im Sinne der Landeswaldgesetze. Soweit nach Landesrecht die Bewirtschaftung und Beförsterung durch Forstdienststellen des Landes oder der Landwirtschaftskammer angeboten wird, sollten diese Möglichkeiten wahrgenommen werden. Der Beitritt zu forstlichen Zusammenschlüssen wird empfohlen. Für Obhut und Pflege des Waldes sollte in jedem Fall ein ständiger Beauftragter eingesetzt werden.
( 3 ) Das Ziel der Waldbewirtschaftung ist die Holzerzeugung. Dabei soll auf die Erhaltung und Pflege einer ökologisch ausgewogenen Landschaft Rücksicht genommen werden.
( 4 ) Als Grundlage für die Bewirtschaftung sind langfristige Betriebspläne und jährliche Bewirtschaftungspläne unter Anwendung der für den öffentlichen Wald geltenden Grundsätze aufzustellen. Bei kleineren Wäldern, die keine jährlichen Wirtschaftsmaßnahmen erfordern, genügen einfachere Betriebsgutachten.
( 5 ) Soweit die Landeswaldgesetze keine ausreichenden Beihilfen bei Waldbrandschäden vorsehen, ist der Abschluss von Waldbrandversicherungen zu prüfen. Dabei könnte erwogen werden, eine Sammelversicherung abzuschließen.
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§ 14
Abbau von Bodenschätzen

( 1 ) Enthält ein Grundstück abbauwürdige Bodenschätze – in Betracht kommen vor allem Bruchsteine, Kalk, Gips, Ton, Lehm, Sand, Kies, Torf, Kali u.a. –, so ist zunächst zu prüfen, ob zu ihrer Verwertung ein Kauf- bzw. Tauschvertrag oder ein Abbauvertrag abzuschließen ist. Im Falle eines Abbauvertrages hat der Eigentümer mit finanziellen Risiken zu rechnen (z. B. Haftung für Verkehrssicherheit und Rekultivierung des Grundstücks sowie für Umweltschäden), so dass ein Abbauvertrag nur bei ausreichender Absicherung abgeschlossen werden sollte. Zur Bewertung des Bodenschatzes ist für beide Verträge das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen.
( 2 ) Bei einem Kaufvertrag ist eine Entschädigung nicht nur für den Bodenschatz, sondern auch für die Grundstücksfläche zu vereinbaren.
( 3 ) Bei einem Abbauvertrag sind besondere gesetzliche und behördliche Auflagen zu beachten und entsprechende Hinweise in den Vertrag aufzunehmen. Insbesondere muss sich der Abbauberechtigte verpflichten, das Grundstück nach dem Abbau zu rekultivieren und eine entsprechende Sicherheit zu leisten.
( 4 ) Bei einem Abbauvertrag sollte innerhalb der Gliedkirche nach Möglichkeit ein einheitliches Vertragsmuster verwandt werden. Wegen der Besonderheiten und finanziellen Risiken wird empfohlen, vor Vertragsabschluss die kirchliche Aufsichtsbehörde zu beteiligen.
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§ 15
Jagd

( 1 ) Das mit dem Grundstückseigentum verbundene Jagdrecht ist bei Eigenjagdbezirken in der Regel durch Verpachtung zu nutzen. Bei gemeinschaftlichen Jagdbezirken erfolgt die Verpachtung durch die Jagdgenossenschaft. Wird auf Beschluss der Jagdgenossenschaft der jährliche Nutzungsertrag nicht an die Jagdgenossen verteilt, so kann der kirchliche Rechtsträger innerhalb einer Monatsfrist die Auszahlung an sich verlangen, wenn er dem Beschluss nicht zugestimmt hatte.
( 2 ) Der Jagdpachtvertrag bedarf der schriftlichen Form. Auf einen angemessenen Pachtzins ist zu achten. Der Jagdpächter hat sich zu verpflichten, den Wildschaden zu ersetzen und bei Waldflächen zu den Kosten der Wildschadenverhütung beizutragen.
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§ 16
Fischerei

Fischereirechte können einem kirchlichen Rechtsträger als Eigentümer eines Gewässers oder als Inhaber eines selbstständigen Fischereirechts zustehen. Selbstständige Fischereirechte setzen in der Regel eine Eintragung im Wasserbuch oder Grundbuch voraus. Die Nutzung erfolgt grundsätzlich durch Verpachtung. Dabei ist auf einen angemessenen Pachtzins zu achten. Werden Fischereirechte nach Landesrecht durch eine Fischereigenossenschaft wahrgenommen, so erfolgt die Verpachtung durch die Fischereigenossenschaft.
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§ 17
Arbeitshilfen für die kirchliche Grundstücksverwaltung

Einzelheiten über die Verwaltung des kirchlichen Grundbesitzes im Sinne dieser Richtlinien finden sich in der Sammlung »Arbeitshilfen für das kirchliche Grundstücks- und Friedhofswesen«. Die Sammlung enthält insbesondere Vorschläge für Vertragsmuster, Merkblätter, Hinweise auf gesetzliche Regelungen und Rechtsprechung sowie Beratungsergebnisse der Grundstückskommission der EKD zu Fragen der Grundstücksverwaltung.
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§ 18
Inkrafttreten

Diese Richtlinien treten mit der Verkündung im Amtsblatt der EKD in Kraft.1#Die Richtlinien vom 7. Mai 1953 werden aufgehoben.

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1 ↑ Datum des ABl.EKD: 15. Dezember 1985